Leipzig Breaks Organization
HOME | LBO PARTIES | LBO TAPES | INTERVIEWS | LINKS

INTERVIEWS
2000/04 DJ Storm
geführt von Booga

2000/06 John B
geführt von Booga

2000/08 Rolex & Booga
mit freundlicher Genehmigung vom Klarofix Magazin

2000/11 Klute
geführt von Booga

2000/11 Kabuki
geführt von Zapotek

2001/01 Rob Playford
geführt von Booga

2001/11 DJ Storm
geführt von Booga, übersetzt von Sketch
Interview DJ Storm

am 1. april 2000 war es soweit: dj storm, für uns hier zum ersten mal ohne kemistry (wir werden dich nie vergessen!) im conne island. supported wurde sie von alley cat (der skunkrockerin) und mc mace aus berlin. für die lokale szene waren windy, booga, mc maui und mc amon am start. das set war heiss, die masse tobte und gegen vier hatte ich dann die gelegenheit, meine kopfhörer als mikrofon zu missbrauchen, um mein erstes interview für diese seite aufzunehmen. wir saßen in rumseis studio - sehr bequeme couch! - und ich versuchte meine anfängliche nervosität im zaum zu halten... doch lest selbst.

booga: im ATM #48 schrieben sie über dich: "she carries a knowledge of the history that defies any random trainspotters belief." kannst du das kommentieren?

storm: well, ich bin dabei seit sich ‘91 drum and bass langsam herausbildete. und ich meine dabei nicht das deejaying - das ging erst 1992 los -, sondern eher das wissen über die musik, das sich seit dem angesammelt hat. von da an bis 1996 schrieben Kemistry und ich jeden track den wir kauften in ein buch. ich kann also jedem track seine zeit zuordnen und sagen was los war. wir waren sozusagen die "original trainspotter". "trainspotting" machst du, bevor du dj wirst, weisst du? achte auf die platten, höre dem track zu. an sich ist "trainspotting" eine langweilige sache, das kommt vom züge zählen, aber wir versuchten den anhaltspunkt, den schlüssel eines tracks aufzuspüren - was steckt wirklich dahinter. das ist "trainspotting". du stehst also nachts vor dem dj und schaust auf die platten die er auflegt. und bekommst mit was geht.

ohne dabei einem trend nachzuhängen? wie hat sich bei dir ein roter faden in der trackauswahl gebildet?

ich spiele nicht die ganzen top-ten tracks. ich bringe von allem etwas. der hauptgrund ist: "I was born on drum and bass". in der entstehungszeit kamen die einflüsse aus verschiedenen richtungen der musik. die tracks aus belgien, amerika und england waren am anfang nicht richtig drum and bass, das waren ganz verschiedene sachen: hardcore und house und so. als Fabio und Grooverider die sachen spielten, die sich in den einzelnen genres abhoben, waren das die "mad tracks" in der ganzen welt. die leute in den clubs in london gaben diesen sachen einen raum und es entwickelte sich jungle daraus. also hörten wir von anfang an verschiedene styles und so haben wir unsere sets immer gestaltet.

ich halte sehr viel davon, von allem etwas zu bringen: ob reggea vibe, jazzy vibe, hard vibe, twostep, einen amen track oder ein vocalstück. ich meine, das ist die schönheit von drum and bass für mich. das will ich beibehalten, aber natürlich habe ich auch ein paar big hits im set - nicht unbedingt jedermanns big hit, aber eben mein big hit. ich denke jeder dj hat seine big hits in seinem set. "all abord" zum beispiel ist der track den ich nie aufhöre zu spielen, der ist so gewaltig. "nitrious" ist ein echter big hit... natürlich gibt’s noch andere. jeder dj hat andere oder nicht und das ist eben deine dj-identität. dazu gehört auch: du solltest niemals die crowd unterschätzen.

ich denke wenn du als englischer dj kommst, dann wollen die leute "the next big thing" hören, was hast du auf deinen dubplates, wen hast du in deinem koffer. sie wollen nicht hören, was die dj’s hier schon haben - und sie machen einen grossartigen job, du weisst was ich meine - sie wollen "the latest thing": was wird Storm heute machen? und ich versuche jeden von ihnen zu erreichen, denn ich liebe jeden einzelnen track den ich heute gespielt habe: die verschiedenen styles von Photek zu Source Direct und zurück.

die drum & bass szene wäre nicht annähernd so voller vitalität, wenn es das dubplates business nicht gäbe. was ist das wunderbare daran und wo hört der spass auf?

das wunderbare daran ist, dass du tunes spielen kannst, die keiner hat. die schande ist, dass es ohne nicht geht. hast du keine dubplates, dann bist du nichts. natürlich fängst du ohne dubplates an zu mixen. Kemi und ich haben mit irgendwelchen b-seiten angefangen und mixten alles miteinander. aber es waren auch glückliche umstände, die uns dazu geführt haben, wo wir jetzt sind, weisst du: Kemi ging mit Goldie aus, und wir hatten den traum und Goldie fing an zu produzieren für Reinforced und so kamen wir an Reinforced dubplates. damit waren wir sehr glückliche dj’s. ich meine, fünf monate nach unserem debüt hinter den decks waren wir bei unserer ersten radiosendung und hatten Reinforced dubplates! zwei völlig unbekannte mädchen! und jeder fragte sich, wer sind die zwei?! die hielten uns für verrückt. als wir unsere gigs machten, mischten wir sie alle mit diesem sound auf: eben nicht so girli-cute stuff, sondern die bösen tracks auf dubplate von Goldie - "so fucking hardcore".

dass wir diese dubplates hatten, war das wunderbare. die schande ist: im dubplatebuisness heute läuft es ein wenig aus dem ruder. wenn du keinen bezug zu welchen hast, ist es für dich beinahe aussichtslos. es ist sehr schwer, welche aus erster hand zu bekommen. ich kann mich glücklich schätzen, da ich über ein sehr gutes netzwerk von producern verfüge: ich bekomme ständig sachen von Photek, Dillinja, Lemon D, J Majik, Jim von demonic records - egal wen du nennst, ich bekomme seinen stuff. Digital und Spirit, sie sind "my boys at metalheadz". da hat sich eine sehr gute beziehung herausgeformt: ich unterstütze ihre musik und sie respektieren, dass ich es für sie repräsentiere. wenn du auf diesen kreis von producern blickst, und dazu gehört auch Peshay, ihre musik ist sehr innovativ und fern jedem dagewesenem - sowas würde nicht jeder spielen wollen. aber wir haben das immer gemacht. wir glaubten an die kraft dieser producer. ob das nun jemand neues war wie John B oder jemand, den wir von anfang an kannten wie Die, Krust und Roni. wir spielten ihre dubplates in ihrem club ohne dass sie wussten, dass wir sie hatten und sie sagten "wow, die spielen unsere sachen". und wir sagten: "Jumpin Jack Frost hat sie uns gegeben" und so konnten wir die rückverbindungen herstellen. und so musst du dir dein netzwerk über die jahre aufbauen. und das ist hart wenn du neu bist. gerade wenn du nicht selbst produzierst, so wie ich, kannst du nicht handeln, das heisst, du kannst nichts zurückgeben, wenn du ein dubplate haben möchtest. anders optical, er geht zu doc scott und sie tauschen dat’s aus, so einfach ist das dann.

was ich den producern zurückgeben kann, ist feedback und support. ich unterstütze ihre tunes und promote sie und kann aber auch sagen, wenn ein track nicht funktioniert oder der sound nicht gut ist. dafür wurde ja letztendlich auch die dubplate gemacht, um deinen track zu testen. aber heutzutage wird geschnitten, ohne dass sich jemand drum kümmert wie es klingt. für mich ist es so, dass mich Lemon und seine jungs fragen, "wie lief es, welcher track war der beste?". und ich gebe ihnen das feedback und nicht immer sind meine favouriten ihre und umgekehrt. sie respektieren mich und sie wissen, dass ich mich nicht einschleime, nach dem motto "ich liebe deine tracks, ich spiele sie alle". so einen bullshit will keiner von den producern hören. wenn ich zu dillinja sage "what’s the deal" ist mein favourit, dann glaubt er mir.

dann gibt’s ja noch das problem der niemals erscheinenden tracks. die leute rasten bei den dubplates aus und wissen gleichzeitig, den werden sie nie wieder hören.

das läuft so: als dj und producer machst du manchmal ein extraset für eine nacht. du schneidest zehn dubplates von stücken, die zunächst nur eine idee, einen break skizzieren. du willst wissen, wie und was an welcher stelle funktioniert. und was von diesen ideen in den richtigen track einfliessen soll. heute abend habe ich mit einem v.i.p. track angefangen, der für das release geteilt wird. weil aus einem track zwei eigenständige ideen wurden. ich habe also mit dem v.i.p. angefangen, der niemals rauskommen wird, bin mit dem ersten richtigen stück rein und habe später den zweiten tune gebracht - so kanns laufen. und so mach ich es mit dillinja: er gibt mir die tracks und ich sag ihm welcher funktioniert

man kann also sagen, dass producer auf das feedback von dj’s angewiesen sind. ist das die quintessenz?

well, professionelle produzenten machen es so. einige produzenten scheren sich nicht drum, sie machen ihren track und geben ihn raus. aber nimm jemanden wie Andy C: er legt selber auf und weiss so am besten, was geht und was nicht. daran richtet er seine tracks aus. andere producer habens drauf und machen sie von der hand weg gut, ohne feedback. und nicht jeder producer will dein feedback als dj. und es gibt natürlich auch producer die mir nie ihren stuff geben, aber das ist okay, ich habe genug davon.

die nächste frage hast du sicher schon tausend mal gehört, aber ich kenne keine antwort von dir darauf. deshalb: bei all deiner erfahrung hättest du doch sicher ein gutes händchen beim produzieren von tracks, hast du vor, das jemals in angriff zu nehmen?

also zunächst mal: nein. ich bin in letzter zeit sehr beschäftigt. letztes jahr habe ich die promotion für valve records übernommen, Lemon D und Dillinjas label, also hab ich einiges zu tun. demnächst wird die valve nummer drei herauskommen (sic!), eine wirklich krasser 12" doppelpack von beiden. die tracks "d-type", "that amen trak", "organic funk" und so - ich hab sie heute alle gespielt. und jeder von ihnen hat ein rewind gebracht!

und nicht nur diese! ich frage mich schon die ganze zeit, wer hinter dem track mit der schon fast percussiv-metallischen bassline steckt. die sehr hart klang und so einzigartig synkopisch die beats zerteilte ...

ah, du meinst Jims erstes release auf demonic. ein wirklich darker tune. müsste demnächst rauskommen. ein exzellenter neuanfang für ihn (nach dem split von Source Direct, d.a.).

apropo, wie ich schon mitbekam, hast du auch neue sachen von goldie gespielt?

ohja! ich spielte "stormtrooper" ziemlich früh heute, das hat so einen gitarren sound (singt "doo doo" - very cute! d.a.) und "the beach", das spielte ich am ende. beide tracks sind von der Rufige Kru und werden gerade gemastert. das wird die nächste veröffentlichung auf metalheadz.
du siehst, demonic, metalheadz und valve werden kommen!

was sind die drei wichtigsten empfehlungen, die du einem neuen dj geben würdest?

uh, pffhh... ich könnte mich jetzt nicht auf drei festlegen.
wenn du das gefühl hast, der szene etwas zu geben und du willst teil davon sein, egal ob es veranstalten, produzieren oder deejaying ist, dann machs einfach. das ist alles was ich sagen kann. glaub’ daran, was du tust. egal wofür du dich aufopfern willst, mach es. es ist harte arbeit aber du musst an die musik glauben. wenn sie dich in der seele trifft, kannst du nichts dagegen tun, ya know?
und wenn du professionell wirst und gigs bekommst: sei immer pünktlich; sieh ordentlich und sauber aus - ja ich weiss, das hört sich abgedroschen an; erweise dem veranstalter respekt, denn er hat an dich geglaubt, als er dich gebucht hat; stell dich hin, mach deinen job, - unabhängig von den örtlichen bedingungen, ob es nun zu warm oder zu kalt ist - und, das haben kemi und ich immer gesagt, gib 110 prozent hinter den decks! egal wo du dich befindest oder wie die monitorsituation ist, die turntables getunt sind - egal: tu immer dein bestes! und wenn du das nicht tust, dann solltest du nicht deejaying. denn es geht hier um die leute auf dem floor und es geht um die musik - sie wollen sie korrekt und auf die richtige art und weise bekommen. mixe gut und mixe professionell. darum geht’s bei professionalität: für den dj, der die gelegenheit für einen gig bekommt, ist das seine "miete" die er aufbringen muss, um in der szene ein zu hause zu bekommen. und so wurde mein zuhause zu meiner karriere, ich lebe davon.

wenn du also der szene etwas zu bieten hast: go for it! mach mixtapes, schick sie zu hunderten an veranstalter - eines tages bekommst du DEN gig, ya know? so haben wir es auch gemacht. wir haben fünfzig tapes jede woche verschickt über ein ganzes jahr lang! weisst du was ich meine, jede verdammte einzelne woche! so bekamen wir vielleicht einen gig in drei monaten. aber das hat uns genügt, denn so bekamst du den fuss in die tür, diese eine chance, um dir dafür den arsch aufzureissen. komplett, verstehst du?

halte den kontakt mit der crowd, sei nett zu ihnen, rede mit ihnen wenn sie zu dir kommen, denn es geht hier um musik und nicht um dein von den leuten abgetrenntes big-dj-ego! und spiele nicht, was irgendjemandes meinung ist, der letzte hype oder dergleichen. bringe die tracks aus deinem herzen, die du fühlst.

diese skills lernte ich, als ich im drum & bass "durch Fabio und Grooverider aufwuchs". Fabio brachte mir diese reise bei: ein dj-set hat an einen anfang, eine mitte und ein ende. das ganze set erzählt eine geschichte und du schreibst sie auf. da gibt es harte momente, erleuchtende augenblicke und plateaus. alles geschieht in einem wellenförmigen "up and down" bis zu dem punkt des absoluten tracks und dann "you kick ass!". Grooverider lehrte mich die kunst der trackauswahl - wann habe ich welchen track und warum zu nehmen. und Randall zeigte mir, wie das mixen geht. das sind die drei schlüsselfiguren für mich. natürlich sah ich auch auf Andy C, Peshay, LTJ Bukem, Hype, Kenny Ken - und sie können wirklich alle sehr gut mixen, aber bei Randall hat es mir manchmal den atem verschlagen. ein ganzer club machte "ahh!": am ende seines mixes hättest du eine nadel aufschlagen hören können. er hat die leute völlig mitgenommen. das hat uns, kemi und mich sehr inspiriert. aber du kannst letztlich von jedem dj was lernen, auch jetzt (hört, dass Windy gerade rewinded und rausfadet; d.a.) lerne ich möglicherweise was dazu. und ich schaue mir die grossen dj’s an, um noch was von ihnen zu lernen, zum beispiel Frosty. ich bin besessen davon, denn der mix ist das herz der musik für mich.

du hälst deine augen immer offen -

ja, auch wenn ich sie zu habe und "rauche". dann sehe ich es von innen. yeah! (lacht herzlich)

mit Sci Clone, Total Science und demnächst Markus Intalex und der Rufige Kru scheint ja metalheadz wieder im geschäft zu sein.

sieht stark so aus.

welche kraft steht dahinter?

zwei girls, jo und sarah. und ich helfe von etwas ausserhalb. sie halten den club und das label am laufen und ich behalte das im auge; tue eben, was ich sonst so tue ...

du hast deine finger noch im spiel?

ja, ich bin ja immerhin noch resident im club und kürzlich bin ich erst aus miami gekommen, wo wir eine grosse metalheadz party gegeben haben. also bin ich immer noch ein grosser und wichtiger teil von metalheadz. ich habe auch ein recht darauf, denn ich habe es mit kemi und goldie gegründet. ich könnte niemals ... es ist einfach in meinem herzen. in der zeit als ich den laden verliess und jo und sarah dazukamen, war ich einfach zu beschäftigt mit valve, phantom audio und demonic. es waren einfach zu viele labels. aber es ist nie tatsächlich etwas zwischen mir und metalheadz gekommen.

welche rolle spielst du aktuell bei metalheadz?

ich führe es auf eine gewisse art von ausserhalb. ich helfe und dazu muss ich nicht jeden tag ins büro rennen. die mädels und ich bereden alles miteinander und wir treffen die entscheidungen zusammen. die richtigen entscheidungen!

soweit es die letzten beiden releases betrifft kann ich euch dazu nur beglückwünschen! ich für meinen teil finde es sehr gut, dass metalheadz wieder zurück ist, gerade mit so, wie soll ich es sagen, nicht gerade dancefloor stuff. obwohl metalheadz dafür auch nicht unbedingt bekannt war, sondern eher für das erweitern des drum & bass horizontes in den früheren zeiten .

ja genau! well, wir hatten einige zeit probleme, aber wir sind zurück! und du sagst es: metalheadz ist immer noch stark. ich sage, es ist immer noch das stärkste symbol in der szene. bei metalheadz ging es immer um innovation, auch in unserem club: niemand wusste, wer würde diese woche spielen. wir haben es keinem gesagt. du musstest einfach hingehen, um es zu erfahren. wir hatten sechs big residents und fünf mc’s alle in "heavy rotation". ob nun ein gast kam oder wer auch immer den abend machen würde, niemand wusste es vorher. und der club ist echt gottlos (cassell’s dictionary für "wicked" - hahaha! d.a.) seit dem wir nach Dingwalls (falls ich das richtig verstanden habe; d.a.) gezogen sind.
und überhaupt: wir haben mit Goldie dieses jahr schon in italien eine tournee absolviert und waren in miami und -zig gigs in europa, da wird viel bewegt in diesem jahr...

und dass jetzt Goldie wieder mit einem release zurückschlägt, gerade nach dem wahnsinnstrack auf dem reinforced sampler: diese absolut nicht cleanen loops und wie sie ...

ja er nimmt diese texturen. seine tracks sind wie landschaften. eine ungeheure visionäre sicht eines künstlers, der diese kraft aus seinen graffitis holt. ich denke, Goldie malt eher bilder als tunes zu schreiben. er malt landschaften. wie das "stormtrooper"-ding: wenn du richtig zuhörst, es ist so ... wie von der sorte, was Dillinja macht. das ist ein bisschen verschwunden in den letzten jahren im two step. Dillinja kann dich mit einer bassline am knie treffen, am knöchel oder am haar - es geht hier um texturen, um tiefe! und Goldies tracks kommen von hier, von hier (zeigt mir wahrscheinlich gerade an welchem teil des körpers, aber ich habe daran definitiv keine erinnerung, weissgott was mich das vergessen machen liess ...; d.a.) weisst du was ich meine?! als ich das erste mal "timeless" hörte, dachte ich "wow, shit! das ist ein ereignis!" es hat mich ausgelaugt. und ich habe immer gesagt, wenn ein track von Goldie mich alle macht, dann ist es ein sehr guter track! da geht’s nicht nur um’s hören. im drum & bass geht’s um so viel mehr. du fühlst es! weisst du, in den anfängen hatten wir als erste die dicken bässe, du hast die gefühlt. und denk an die samples. sieh dir an, wie Dillinja die samples im raum verteilt. sie sind hier, hier und hier (zeigt in alle richtungen und höhen; d.a.), er bewegt die klänge überall hin. check "stormtrooper" aus - die bassdrum geht sooo runter auf die tanzfläche. das will ich hören. ich will das nicht mehr hören, dieses: "dah dah - ehhhhhhh! dah dah!" noise, weisst du, das will ich nicht mehr hören. wir haben das jetzt hinter uns gelassen. weisst du wir hatten jungle, wir hatten darkness, two-step und jetzt bewegt sich’s weiter.

da sage ich nur: "phantom force".

und ich sage: "bambaataa". das original von Shy FX. das hat einiges verändert. du musst "bambaataa" erwähnen. und du musst "phantom force" erwähnen. und du darfst niemals Dillinja vergessen. aber "phantom force" hat wirklich einiges bewegt!

als du das letzte mal da warst und wir uns unterhielten, hast du als den kommenden mann immer wieder Digital erwähnt. auch in interviews oder deinen magazincharts kommt er beständig darin vor. wie hat er sich das verdient?

well, ich unterstütze immerhin eine menge producer! (lacht) aber du hast recht, ich habe ihn immer respektiert und zu ihm gestanden, auch wenn es andere nicht getan haben, definitv. ich denke, er wurde immer unterschätzt. nicht dass er nicht die möglichkeiten hatte, seine soundvorstellungen umzusetzen, aber die leute waren noch nicht bereit für seine sounds. er hat seinen eigenen vibe und den habe ich immer geschätzt. diesen dub-vibe. ich liebe das jungle-ding. einige seiner tracks habe ich heute gespielt und sie bekamen rewinds - er bringt den echten jungle zurück! proper jungle, "real fucking jungle basslines"! er ist ein reggea-mann.

gerade die basslines auf phantom audio haben nicht mehr dieses gemorphte rave-feeling, sondern mehr so "bham bham bham" (jetzt fang auch ich an bässe zu imitieren, bloss gut, dass das interview keiner HÖRT...; d.a.)

ja von den partybasslines ist’s nun genug. aber seine! richtige sub-bässe! das geht in die tiefe. er hat jetzt auch das equipment für seine soundvorstellungen richtig "geöffnet". es war zwar schon immer da, aber jetzt hat er den schlüssel gefunden. und ich habe ihn immer gespielt, egal was war. auch heute. weisst du, es ist ein ritt für jeden hier, ich habe Pascal heute gespielt - alles verschiedene leute. Die ... einfach jeden.

noch mal zu phantom audio. ich flippte bei den ride-loops, die Goldie auch schon mehrfach verwandt hatte und dann später bei den "mission-accomplished" (Digital -track auf metalheadz; d.a.) -breaks vollkommen aus. was für eine mischung und ein verweis auf drum & bass geschichte!

jaja und dann noch Goldies "Jah Jah Jah"-samples!!! als Goldie den track beim schneiden hörte, war er absolut überrascht und sagte nur "oh my, thats fucking me!". er rief ihn sofort an und sagte "Digital, you fuckin.." (lacht laut auf) also sampelte er für "stormtrooper" "phantom". um es ihm heimzuzahlen. wir haben uns kaputtgelacht! aber dieser austausch von breaks und bässen ist absolut üblich in dieser gemeinschaft: wenn photek digital breaks gibt oder digital diese "lickin’ subbasses" rausrückt, dann ist das normal und klasse zugleich.

aber ich schätze, so dermassen jemanden zu samplen wie es Digital mit Goldie tat, ohne dass er es vorher wusste, kann sich doch wohl nicht jeder rausnehmen?

nein, aber wenn du teil der headz crew bist, dann sind die samples für jeden zu haben. ich meine niemand wusste, dass Rupert (schätze, damit ist Photek gemeint; d.a.) dieses "manslaughter"-ding machen würde, während Goldie gerade an "still life" arbeitete. er killte damit Goldie. und Goldie sagte zu ihm: "ich kann nicht glauben, dass du ...". ich meine, wenn du sachen sampelst und du machst was erstaunliches draus, dann zeigen dir die leute auch respekt. aber wenn du das machst, um geld damit zu verdienen, für eine kommerzielle sache, dann funktioniert das nicht. dieses kopieren ist falsch.
nimm dir das two-step-ding, haben wir es nicht schon zu oft gehört? ich meine es ist eine gottlose ("wicked" - hahaha!) sache, aber es ist nötig, weiterentwickelt zu werden. auf die nächste stufe. Bad Company hat es auf ein anderes level gebracht und nun muss es wieder auf ein anderes level gebracht werden. und selbst das macht BC, denn sie haben neuen stoff. aber sonst? das liegt hinter uns, vergessen wir das. wir wollen nicht zwanzig tunes, die gleich klingen, wo ist da der soul?

so sehe ich das mittlerweile bei ram-tracks, denn diese powertracks haben eine sehr prägnante bassführung, die den rest des sounds nach hinten drückt. ich finde, das führt auf dem floor zur ermüdung und dieser druck hat dann nichts musikalisches mehr. bei den tracks die du spielst kann man sehr gut die verschiedensten spielarten des basseinsatzes erkennen. oft sogar nur als betonung der bassdrum und damit kommt der percussive charakter des tunes wieder nach vorne, während der bass einfach nur dein arsch in bewegung hält.

ja! und du kannst heute basslines hören, die eine track regelrecht erst erschaffen.

*** tja, und dann fehlen ca. fünf minuten interview auf der minidisc. eine schöne brummschleife rechts, später links und nichts anderes. keine ahnung wie das passieren konnte. und ich weiss wirklich nicht mehr, wie es da konkret weiterging. ich setze abrupt wieder ein mit jayne:***

... denn wir sind gefährlich, weisst du? diese szene verändert sich ständig und schneller als jede andere. es ist die vorausschauendste musik und es kommen ständig neue leute mit all ihrem input dazu. ich sage dir, achte auf Dillinjas Cybotron album, es ist sinnlos! Lemon D’s album ebenso. das ist alles sehr düster und wahnsinnig. und danach, danach wirds richtig krachen, denn dann kommt Dillinjas eigentliches album. also erst Cybotron und dann seins. zehn tracks die dich wegfegen: "all about", "nasty ways", um nur einige zu nennen. zehn "just boom fuck off" tracks. und danach das wesentlich abwechslungsreichere Dillinja album. da wird so viel drin sein, hip hop zum beispiel. und diesen hip hop track den ich gehört habe, war ein einfach horrormässig! stell dir seine tiefgehenden sounds in anderen musikrichtungen vor, es ist wahnsinn was der mann kann. das bringt es wieder zu einem ganz neuen level.

diese expansion in richtung downbeat von drum & bass producern halte ich auch für eine absolut heisse sache, denn ...

... es geht hier um die breaks! die kommen vom hip hop. das ist die definitive verbindung. und diesen schritt z umachen, fällt drum & bass producern nicht unbedingt schwer. wobei ich sogar fast behaupten würde, dass drum & bass producer alles machen könnten.

eines der grössten tracks in dieser hinsicht ist für mich der Hidden Agenda remix von Bel Airs "dark jazzor".

ja, ich kenne ihn. der ist echt gross und gottlos (hihihi; d.a.). aber sieh dir den track von ihnen an, den sie auf der metalheadz box gebracht haben: "big lamp". böse, böse!

auf unserer web-page breaks.org wollen wir alles featuren, was mit breaks zu tun hat. mein freund Windy, der gerade auflegt, hat einen ganz speziellen favoriten, der nicht nur im drum & bass zu hause ist: Seiji. er veröffentlicht auf reinforced, auf archive und so weiter. was hälst du davon, dass producer diese wege gehen?

ich denke, drum & bass producer wissen, wie man räume ausfüllen kann mit ihrer musik. und wenn sie in richtung downtempo gehen wird es leicht für sie.

ist es das?

ja ich denke schon, denn sie wissen, wie man atmosphären kreieren kann. auch gerade im downtempo bereich. ich persönlich mag es natürlich etwas schneller ... (lacht). aber nimm "modus operandi". es gab zeiten, da musste ich es jeden tag haben! das war der letzte tune vor dem zu bettgehen. ein joint rauchen und "modus operandi" - es gibt nichts besseres. und ich mixe den track gerne am ende eines sets. in europa hab ich den auch schon paarmal mitten im set gebracht, absolut verrückt! das würde ich in england nie tun, aber abseits davon schon. die würden sich aufregen und mich für krank erklären in england.

es ist also nicht so leicht, diese tracks unterzubringen?

aber natürlich klappt das mit den downtempo tracks beispielsweise auf alben von drum & bass künstlern nicht immer. das ist manchmal genauso abwegig wie zu sagen, ich brauch ein vocalstück darauf und ich brauch dann noch ein downtempo stück darauf. Jim von Source Direct dagegen macht diese sachen einfach so und ich sage dir, sie sind krass! und wie oft habe ich zu Rupert gesagt, "du musst aus modus operandi ein drum & bass stück machen, dieses thema lässt mich nicht mehr los". es ist so grossartig. und Rupert ist ein minimalist. mit seinen minimalistischen einsätzen kann er dich so dermassen unterhalten ... wieviele leute können das? Rupert und Krust? Krust kann das. aber es ist eine gefühlssache, ein vibe-ding. und als "true stories" rauskam, ah, man hätte heulen können. jeder konnte nicht anders als zu weinen. "true stories" ist wie ein licht am ende des tunnels. und ich denke, "the beach", das stück das Goldie gemacht hat, das ist ein track den du fühlen musst. eine landschaft die du siehst und spürst.

wo du ihn gerade nochmal erwähnst. es ist im letzten jahr sehr in mode gekommen und das hat mich auch immer wieder aufgeregt, Goldie ständig mit seitenhieben zu versehen. ob nun in englischen oder deutschen magazinen, er war in ihren augen nur noch der "filmstar" mit all seinen attitüden.

das ist die presse. na klar, wir haben metalheadz sehr weit nach vorne gebracht. wir hatten mit dem "blue note" einen sehr netten club. und es gab darin upstairs eine v.i.p. lounge. es wurde trendy, okay. aber Goldie hatte schliesslich ein millionenalbum gemacht und das war das grosse ding zu der zeit. und so kamen in den club models und popstars. einer der sehr an uns geglaubt hat und uns sehr mochte, war David Bowie. und das tut er auch heute noch. wenn du ihn in der "leisure lounge" raven sehen könntest, das ist ein club wie der hier (conne island), du würdest es nicht glauben. aber die models und diese art von leuten die damals zu uns kamen, wo sind sie jetzt? ich meine die Spice Girls kamen mal zu uns und wir liessen sie bezahlen. (lacht) sie hatten schliesslich geld. und sie machten einen auf gästeliste! "nah nah, this is real. get the money out girls!" (lacht sich immer noch einen ab; d.a.). das ist girl-power! also was ich sagen wollte, Goldie war das ding damals und blablablah... alle wollten diesen verrückten und aggressiven typen für sich entdecken und waren entsetzt über seine schreckliche kindheit und sowas. und jetzt halten sie ihn nieder. das ist es, was sie jetzt machen wollen. "Goldie is over".

und für mich war er damals sowas wie eine initialzündung.

also gib einen feuchten dreck auf das gerede. letztendlich zählt, dass er ein gewaltiges talent hat. er hat mir so viel beigebracht. er hat mir beigebracht unerreichbare sachen zu erreichen. gerade im drum & bass. nimm dir ein paar leute in england, einige von den "alten" dj’s - sie sind vielleicht gerade im knast oder dealen mit drogen oder was weiss ich. ich meine, drum & bass kam von der strasse. weisst du was ich meine? einige von denen haben vielleicht mal gesagt, "ich habe die musik gefunden und das ist wunderbar". und musik hat diese menschen verändert. sie hatten etwas, wofür sie sich einsetzen konnten. sie konnten vielleicht geld machen, eine karriere starten, sich ein haus kaufen. und weil sie von der strasse kamen, machen sie in drogen oder knarren und bekommen so wieder probleme. und sicher, einige sind schon lange nicht mehr dabei, aber es gab eine zeit, da kam die musik in ihr leben und veränderte ein paar sachen grundlegend. sieh mal, Goldie kam von miami und war ein graffiti sprayer und hatte von der raveszene in england keinen blassen schimmer. aber er war so drauf, dass er sagte "ich kann diese musik machen". und wir: "dann können wir auflegen". also war das der traum: "ihr seid die dj’s, ich produziere und ihr spielt meine tracks". und wir leben diesen traum immer noch.

weil du gerade von älteren generation gesprochen hast: auf einer meiner ersten "jungle tekkno" sampler auf jumpin’ & pumpin’ gab es einen track "music takes you". eine rave-hardcore granate vom feinsten! das war 1992 und Blame, der diesen track gemacht hat, ist immer noch dabei. bei anderen wiederum frage ich mich, wo sind sie geblieben, wie dj crystl (der mit "warp drive" DEN überhit gemacht hat)?

naja weisst du, einige der producer von damals mochten diesen wechsel nicht als es härter wurde. eine menge von denen machen jetzt garage. dieses speed-garage-ding. ich persönlich mag es nicht besonders. aber nimm dir Timmy Magic zum beispiel, der teil des Dream Teams war, er ist jetzt drum & bass dj geworden. (hab leider verpasst nachzufragen wer das ist, sodass mir dir pointe verborgen blieb; d.a.)

und was hälst du von leuten wie Todd Terry, der in seinen letzten veröffentlichungen drum & bass machte?

war es das?

huh?

war es das wirklich?

also wie ich es gehört habe, hat Grooverider seine tracks gespielt und so wurde er im drum & bass plötzlich bekannt... und ich muss sagen, jeder hat sich gewundert.

wo ist er jetzt? "c’mon Todd, shell yourself!" (lacht). ich sag dir was: ich habe versucht seinen track zu mixen und weisst du was - es war der "most-untight" track den ich seit langem gemixt habe. also Todd, du musst noch dazulernen! (lacht) nein nein, es ist grossartig, dass er so von drum & bass beeinflusst wurde, das ist echt gottlos (harhar; d.a.)! wirklich. aber es ist schon komisch, dass es so gehen soll. es spielt überhaupt keine rolle wer du bist, aber du kannst nicht einfach reinrutschen und dabei sein, nicht nachdem wir hier seit jahren sind. weisst du david bowie hatte mal einen gottlosen (!) track mit sowas wie drum & bass im hintergrund. aber "come on"! er sampelte "renegade snares", die auf Rob Playfords label moving shadow herauskamen! ich meine, A Guy Called Gerald hat vielleicht sowas wie ein recht darauf, das zu tun... im fernsehen gab ich letztens ein interview und ich sagte über Everything But The Girl: ihr liebt drum & bass, aber warum macht ihr nicht welchen? warum holt ihr immer unsere produzenten, um euren stuff zu remixen? ich kapier das nicht. wenn du drum & bass magst und ihn liebst, well dann MACH IHN. hohl dir nicht J Majik, Grooverider, Fabio für die remixe. mach es selbst! und ich sag dir noch was, wenn du das ding hier ausmachst.

an dieser stelle wurde das offizielle interview beendet und ich kann mich mit sicherheit nicht mehr genau daran erinnern, wie es nach dieser stunde gespräch weiterhin ging. ;)

(c) Leipzig Breaks Organization 2000-2004